[Stellungnahme des Netzwerks Freiheit für alle politischen Gefangenen! // Unten: Stellungnahme des Komitees für die Befreiung George Ibrahim Abdallahs]
Mit dem Urteil des Berufungsgerichts in Paris am 10. Januar 2013 wurde das Urteil vom 21. November 2012 des Strafgerichtshofs bestätigt, Georges Ibrahim Abdallah nach fast 29 Jahren aus der Haft zu entlassen.
Während seiner Haftzeit (seit 1984) haben seine Anwälte mehrfach den Prozess neu angestoßen, vor allem nach dem Ende seiner offiziellen Haftzeit 1999. Neunmal sind sie mit ihrem Vorhaben deshalb gescheitert, weil die aufeinanderfolgenden Regierungen, unter dem Druck der US- und zionistischen Politik gegen die Entlassung in Berufung gegangen sind und damit seine Freilassung verhindert haben.
In diesen fast 29 Jahren seiner Haft und trotz des wiederholten Misserfolgs im Kampf mit dem französischen Staatsapparat und dem enormen Druck, der auf ihn ausgeübt wurde, um ihn zu einer Entschuldigung für sein Engagement im Kampf für die Freiheit des palästinensischen und libanesischen Volkes zu zwingen, konnte es nicht gelingen seinen ideologischen Willen, Widerstand und Kampfgeist zu brechen.
Parallel zu seiner Unbeugsamkeit hinter Gittern, hat sich eine Welle der Solidarität gebildet, nicht nur im Libanon und ganz Frankreich, auch in Belgien, Tunesien, Deutschland, und weiteren Ländern, die in den letzten Jahren an Kraft gewonnen hat. Die solidarischen Aktionen haben sich in den vergangenen Monaten vervielfacht. Dieses Urteil war längst überfällig und ist ein wichtiger Schritt in diesem langen juristischen Kampf, den Georges Abdallah für seine Freilassung führt. Schon ein paar Stunden nach Bekanntgabe des Gerichtsbeschlusses am 10. Januar, gab es bereits kritische Rückmeldungen aus dem Weißen Haus, die diese Entscheidung zutiefst verurteilen.
Den Termin am 14. Januar, welcher die im Urteil geforderte Ausweisung von Georges in den Libanon ermöglicht hätte, hat der französische Innenminister Valls absichtlich verstreichen lassen, indem er den Ausweisungsbescheid nicht unterzeichnete. Daraufhin hat das Vollzugsgericht einen neuen Termin festgelegt, demzufolge soll Georges bis 28. Januar auf seine Entlassung warten.
Gegen diese Willkür haben die Freunde von Georges und die internationalen Solidaritätsbewegungen zu Protesten aufgerufen. Die ersten Demonstrationen haben in Beirut bereits am Nachmittag des 14. Januars begonnen. Eigentlich war die Versammlung geplant, um Georges in seiner Heimat zu empfangen. Wir fordern seine sofortige und endgültige Entlassung!
Wird Georges Abdallah nach mehr als 28 Jahren Gefängnis endlich seine Familie, der Besuche während seines Gefängnisaufenthalts in Frankreich in der ganzen Zeit verwehrt blieben, wiedersehen dürfen?
Solidarität für Georges Ibrahim Abdallah
Stuttgart, den 14. Januar 2013 [Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen!]
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Stellungnahme des Komitees für die Befreiung von George Ibrahim Abdallah:
Französische Regierung verschleppt neuerlich die Freilassung von Georges Ibrahim Abdallah
Leider hatten wir uns am Wochenende vor dem 14.Jänner zu früh gefreut. Alles schien klar und zwischen Gericht, Justizministerium und Innenministerium abgestimmt. Am 14.Jänner, dem Tag der geplanten Freilassung von Georges Ibrahim nach achtundzwanzigeinhalb Jahren Gefängnis, aber dann die böse Überraschung. Der französische Innenminister Valls, ein reaktionärer Drecksack vom „linken“ Flügel der Sozialdemokratie, der sich seit seiner Ernennung dadurch hervortut, dass er die Politik Sarkozys gegen Asylanten, Roma etc. noch zu übertreffen sucht, verweigerte plötzlich die Unterzeichnung des Ausweisungsbescheides. Nachdem sich zuerst wochenlang die – ebenfalls „linke“ – sozialdemokratische Justizministerin Taubira quergelegt und gegen das Gerichtsurteil erster Instanz Berufung eingelegt, dann aber schließlich doch nachgegeben hatte, legt sich jetzt der Innenminister quer. Es war nämlich vorgesehen, Georges Ibrahim Zug um Zug aus dem Gefängnis zu entlassen und in den Libanon abzuschieben. Ohne Ausweisungsbescheid daher keine Haftentlassung. Ohne offizielle Begründung oder auch nur irgendeinen Kommentar weigerte sich M. Valls einfach, diesen Bescheid zu unterzeichnen. Sogar die Richter waren über diesen Wort- und Vereinbarungsbruch in letzter Sekunde verblüfft und empört. Vielleicht haben neuerlich Israel und/oder die USA interveniert, vielleicht macht Valls das aus eigenem Antrieb. Vielleicht will er wirklich die Chose nochmals umdrehen, vielleicht möchte er bloß Georges Ibrahim noch so lange als möglich schikanieren.
Nach dieser skandalösen Wendung der Dinge kam es zu heftigen Reaktionen, vor allem im Libanon, dem Heimatland von George Ibrahim:
- seit 14.1. tägliche Demonstrationen und ein Belagerungscamp vor der französischen Botschaft in Beyrouth
- Protestversammlungen am 16.1.in Kobayat und an der Universität Tripoli
- Protestkundgebung am 17.1.vor dem französischen Kulturzentrum in Saïda
- 15.1.: Demonstration vor der französischen Botschaft in Amman/Jordanien
- 16.1.: Demonstration in Ramallah/Palästina vor dem französischen Kulturzentrum, dessen Schließung gefordert wurde
- 21.1. Demonstration in Gaza/Palästina vor dem Roten Kreuz und Marsch zum französischen Kulturzentrum
- Brasilien: Ein eben gegründetes Unterstützungskomitee zur Befreiung von Georges Ibrahim, bestehend aus Vertretern libanesischer und anderer arabischen Kräfte, veranstaltet Demonstrationen und Versammlungen in Rio de Janeiro, Sao Paulo und Foz di Ignasson
- 17.-19.1.: Demonstrationen in Paris, Bordeaux, Talence, Lille, Pau vor Regierungsgebäuden, Büros der Sozialdemokratie und dem Gefängnis, in dem sich Georges Ibrahim befindet
- Solidaritätsadressen aus mehreren Ländern gehen beim Komitee für die Befreiung von Georges Ibrahim ein, darunter eine der FPLP.
In Frankreich hat der Staatsapparat überall diese Demonstrationen attackiert und sie zu verhindern versucht. In Paris wurden die U-Bahn-Ausgänge um den Ort der Demonstration abgeriegelt und zerniert, es kam zu 46 Festnahmen, ein Genosse wurde in U-Haft gesteckt, ihm wird am 5.April der Prozess gemacht. Sogar bürgerliche Kreise in Frankreich wundern sich über diese Sorte von „Rechtsstaat“ und haben gegen die „Rechtsbeugung“ und die Polizeigewalt protestiert.
Lassen wir jetzt nicht locker! Das Gericht hat als nächsten möglichen Termin der Freilassung den 28.1. festgelegt und erwartet bis dahin die erforderlichen Schritt von M. Valls. Bis heute, 24.1., ist dieser noch nicht erfolgt.
24.Jänner 2013
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