[Flugblatt zu den antifaschistischen Protesten rund um den WKR-Ball 2013] Vor 70 Jahren, Anfang März 1943, wurden die letzten Truppen der Wehrmacht und ihrer Verbündeten beim Überfall auf Stalingrad niedergeschlagen. Der Sieg der Roten Armee war das Resultat der Anspannung aller militärischen, politischen und wirtschaftlichen Kräfte der sozialistischen Sowjetunion gegen den Angriff des Faschismus, es handelte sich um einen Sieg des Bollwerks der Weltrevolution über die Kräfte der internationalen Konterrevolution. Neben den Millionen der Roten Armee, kämpften tausende Menschen aus dem Volk in Partisaneneinheiten hinter den Linien der Wehrmacht. Die Sowjetunion hatte im Zweiten Weltkrieg einen hohen Preis zu zahlen, doch vor allem durch ihren Einsatz wurde Hitler das Genick gebrochen: von 110.000 in Stalingrad kämpfenden Wehrmachtssoldaten, überlebten nur 5.000! Von diesem Schlag konnten sich die Nazis nicht mehr erholen.
Die Schlacht von Stalingrad war die entscheidende Wende, um das „Dritte Reich“ in die fortdauernde Defensive zu drängen und den Sieg der Alliierten 1945 zu ermöglichen. Nicht unerwähnt darf hier die hohe moralische Wirkung bleiben, die der Sieg von Stalingrad auf AntifaschistInnen weltweit hatte, dass ihnen dieser Sieg neuen Auftrieb gab und damit auch in dieser Hinsicht den Kampf gegen den Faschismus stärkte. Als der Nazifaschismus 1945 niedergeschlagen war, kam es zu einer Teilung in ein volksdemokratisches Osteuropa (sowie am Balkan und Südosteuropa), und ein kapitalistisches Westeuropa. Österreich konnte sich aus unterschiedlichen Gründen in die zweite Option einreihen. Schon in dieser Zeit streckten die Nazis ihre Köpfe schon wieder hervor, und das oftmals auch so dreist, dass sich die Alliierten (beinahe ausschließlich die Sowjetunion) mehrfach dazu genötigt sahen, von der österreichischen Politik stärkere Anstrengungen bei der Entnazifizierung einzufordern. So gab es zwar vereinzelt harte Strafen gegen ehemalige Nazis, mehrheitlich kamen sie jedoch ungeschoren davon:
• Von 136.829 angeklagten NSDAP-Mitgliedern, wurden nur 13.607 verurteilt – davon 43 zum Tode, wobei nur 30 Urteile auch vollstreckt wurden!
• Noch 1948 waren von 310.436 BeamtInnen 40.666 ehemalige NSDAP-Mitglieder.
• Ebenso 1948 waren von 26.363 LehrerInnen nach wie vor 5.682 ehemalige NSDAP-Mitglieder.
Gar nicht zu reden davon, wie sich Nazis im akademischen Bereich einrichten konnten, solange sie nur nicht all zu sehr auffielen. Ein Beispiel ist das des Professors Taras Borodajkewycz, der an der Wirtschaftsuni lehrte, Antisemitismus verbreitete und offen eine Sympathie für den Faschismus zugab. Bei einer Demonstration die sich gegen diesen Nazi richtete, wurde der alte Widerstandskämpfer und Kommunist Ernst Kirchweger 1965 von einem Mitglied des Rings Freiheitlicher Studenten (RFS) ermordet.
Auch in den Spitzen der österreichischen Politik fanden sich ehemalige Faschisten, oder zumindest solche, die den Faschisten halfen: Leopold Figl etwa war in der 1. Republik führender Aktivist der austrofaschistischen Heimwehr. Karl Renner von der Sozialdemokratie hingegen, bewarb den „Anschluss“ Österreichs an Nazideutschland und rief dazu auf, bei der diesbezüglichen Abstimmung mit „Ja!“ zu stimmen, usw.
Entnazifizierung, also die Beseitigung der Nazis und ihrer Helfer aus dem öffentlichen Raum, dass ihnen der Prozess gemacht wird und sie ihre gerechte Strafe erhalten, ist in Österreich (wenn überhaupt) als hübsche historischen Legende zu bezeichnen, war jedoch niemals konsequent ausgeführte Politik. Unterschiedliche HistorikerInnen, auch im „Westen“, haben dazu festgestellt, dass die konsequente Entnazifizierung zwar von der Sowjetunion immer wieder eingefordert worden ist und teilweise auch auf ihren Druck hin etwas weiterkam, in umfassendem Sinne aber vor allem durch die USA und England verhindert wurde (z.B.: Jacues Pauwels: „Die USA und der Mythos vom guten Krieg“, 2003) und von diesen Kräften eine Beschränkung auf kosmetische Maßnahmen als sinnvoller erachtet wurde.
70 Jahre nach dem Sieg in Stalingrad und 68 Jahre nach der Niederschlagung des Nazifaschismus tanzen die Nazis und andere Faschisten nach wie vor einmal jährlich zum WKR-Ball (bzw. jetzt „Akademikerball“) auf. „Traditionsfaschisten“, also richtige Nazis wie vom Schlage Gottfried Küssels, usw. treten wieder ebenso offen auf, wie jene, die zwar direkt faschistisches Gedankengut verbreiten, sich jedoch nicht als Nazis verstanden wissen wollen. Besonders in Zeiten der Krise blühen da die Theorien von „raffendem“ und „schaffendem“ Kapital, von der „jüdischen Zinsknechtschaft“, usw. Das alles ist wieder salonfähig, und dazu kommen noch Kreaturen wie z.B. der deutsche Sozialdemokrat Sarrazin, die mit ihren „Theorien“ die Ideologie von „Untermenschen“ neu aufleben lassen – nur diesmal im Hauptstoß gegen Muslime und nicht mehr gegen Juden, was nicht bedeutet, dass der Antisemitismus vorbei wäre, im Gegenteil! Immer wieder sind z.B. aus der FPÖ (aber nicht nur bei ihr!) entsprechende Positionen zu hören. Neben diesem erneuten aufblühen der ideologischen Komponenten des Faschismus sehen wir klar und deutlich, dass nicht nur die politischen Organisationen der Faschisten immer mehr Zulauf bekommen, sondern auch ihre militärischen Ressourcen wachsen – und das nicht „einfach so“, sondern oftmals unter direkter Aufsicht und ausfinanziert durch den bürgerlichen Staat. Immerhin zogen die Nazis des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) jahrelang mordend durch Deutschland und wurden dabei vom Verfassungsschutz unterstützt. Und alleine 2013 flogen kurz hintereinander in Österreich zwei Fälle auf, wo Faschisten große Waffenlager horteten und diese teilweise auch einsetzen (wenn auch vorerst „nur“ für Mafiaaktivitäten um an zusätzliche Finanzmittel zu kommen).
Der Kapitalismus ist aber nicht nur in einer wirtschaftlichen Krise, sondern zunehmend auch in einer politischen. Hinter den Faschisten steht das Kapital – und das nicht nur materiell und organisatorisch, sondern auch ideologisch. Die Ideologien der „akademischen und bildungsbürgerlichen Elite“ verschwimmen wieder zunehmend stärker mit Versatzstücken traditioneller Naziideologie. Das ist kein Zufall, sondern nur klar, wenn bedacht wird, dass der Faschismus nichts „eigenes“ oder „selbstständiges“ außerhalb des Kapitalismus ist, sondern dessen aggressivste politische Form. Die Herrschenden Europas bedienen sich faschistischer Banden und Organisationen um sie bereit zu haben, wenn es wieder losgehen soll gegen die ArbeiterInnen und das Volk, wenn sich die überwiegende Mehrheit der Gesellschaft nicht weiter unterdrücken und ausbeuten lassen möchte und gegen dieses Regime aufsteht! Dann bilden die offen faschistischen Kräfte den Stoßtrupp. Dass dieser Stoßtrupp in Konflikt mit anderen „Fraktionen“ der herrschenden Klasse gerät – so wie bei Machtergreifung der Nazis – ist keineswegs ausgemacht, sondern hängt von den konkreten Bedingungen ab. Es ist daher falsch, wenn die Linke ihre Aufmerksamkeit im antifaschistischen Kampf nur auf einen möglichen „Bruch“ richtet und sich einen Verlauf der Machtergreifung des Faschismus so vorstellt, wie vor gut 80 Jahren. Die Geschichte ging weiter und auch das Kapital lernt in der Verteidigung seiner Interessen dazu…
Um die terroristischen Pläne des in Sachen Konterrevolution überaus erfahrenen Monopolkapitals zu Fall zu bringen, müssen wir uns den antifaschistischen Selbstschutz organisieren und die breitest mögliche antifaschistische Einheitsfront aufbauen. Um den Sieg im Kampf gegen den Faschismus zu garantieren, müssen sowohl der Selbstschutz als auch die Einheitsfront unter Führung der konsequentesten Kraft im antifaschistischen Kampf stehen: der ArbeiterInnenklasse. Sie war es auch, welche vor 70 Jahren beim Sieg von Stalingrad die Führung hatte!
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