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Antirassismus

In Ferguson geht es nicht nur um systematischen Rassismus – es geht um Klassenkampf !

Der feige Mord der Polizei an dem schwarzen Jugendlichen in Ferguson, war der Auslöser für große Massenproteste. lowenstein-ferguson1Willkürliche Morde an Teilen der untersten Schichten der Arbeiterklasse sind keine Einzelfälle. Die Proteste in Ferguson sind eine gerechtfertigte Revolte als Antwort auf die verschärfte Ausbeutung und Unterdrückung der Jugendlichen, Migranten, Frauen, sowie breiter Teile der Volksmassen. Wir haben in den letzten Jahren in den imperialistischen Zentren (Paris, London, Stockholm, usw.) immer wieder Aufstände und Revolten der arbeitslosen, armen und migrantischen Jugendlichen gesehen. Mit jeder neuen Revolte haben sich diese sprunghaft entwickelt, doch werden die Kämpfe nicht auf eine qualitativ neue Stufe gehoben werden können, wenn sie nicht durch eine revolutionäre Organisation geführt werden. So kann man auch erklären, warum die Aufstände in Paris 2005, in London 2011, und in Schweden 2013, und nun in Ferguson 2014 so ein kurzes Leben hatten.

Der folgende Artikel ist eine Übersetzung von einem Artikel von Kareem Abdul-Jabbar, der am 17. August im Magazin TIME veröffentlicht wurde. Jabbar war ein sehr beliebter Basketballspieler in NBA, er war und ist politisch und sozial in der Bewegung gegen Krieg, bei „Civil Rights Movement“ bis zur heutigen „Occupy Movement“ engagiert. Er behauptet, dass es bei den letzten Aufständen in Ferguson nicht nur um die Rassenunterschiede sondern hauptsächlich um den Klassenunterschied geht. Die Veröffentlichung dieses Artikels bedeutet nicht unbedingt, dass wir mit allen Standpunkten einverstanden sind.

Beim kommenden Rassenkrieg wird es nicht um die Rasse gehen!

In Ferguson geht es nicht nur um systematischen Rassismus – es geht um Klassekampf und wie die Armen Amerikas zurückgehalten werden, sagt Kareem Abdul-Jabbar.

Werden die neuen Aufstände in Ferguson, Missouri, einen Wendepunkt im Kampf gegen rassistische Ungerechtigkeit darstellen, oder werden sie nur eine unwichtige Fußnote in der Masterarbeit eines Studenten zum Thema politische Unruhen im frühen Einundzwanzigsten Jahrhundert sein? – Die Antwort kann man im Mai 1970 finden.

Sie haben wahrscheinlich von dem Massaker in Kent State gehört: am 4. Mai 1970 eröffnete die Nationalgarde in Ohio das Feuer gegen protestierende Studenten an der Kent State Universität. Während dieser 13 Sekunden der Schießerei wurden vier Studenten getötet und neun verletzt, einer von ihnen blieb dauerhaft gelähmt. Der Schock und die Empörung führten zu einem Nationalstreik von 4 Millionen Studenten, die mehr als 450 Universitäten lahmgelegt haben. Fünf Tage nach dem Massaker sammelten sich 100.000 Demonstranten in Washington, D.C. und die Jugend des ganzen Landes wurde aktiv mobilisiert, um dem Vietnamkrieg, dem Rassismus, dem Sexismus und dem Glauben ans politische System ein Ende zu setzen.

Sie haben wahrscheinlich von dem Massaker in Jackson State nicht gehört.

Am 14. Mai, 10 Tage nachdem Kent State Proteste im Land entfacht hat, tötete die Polizei zwei schwarze Studenten (einen Abiturient und einen Vater eines 18 Monate alten Babys) mit Schrotflinten und verletzte zwölf andere auf der hauptsächlich schwarzen Jackson State Universität in Mississippi.

Es gab keinen nationalen Aufschrei. Niemand wurde mobilisiert, was zu tun. Das herzlose Leviathan, das wir Geschichte nennen, verschluckte dieses Ereignis und löschte es von der nationalen Erinnerung.

Wenn wir nicht wollen, dass die Ferguson Gräueltat auch verschluckt wird und nichts mehr als eine Abartigkeit der Geschichte wird, müssen wir die Situation nicht als eine systemische rassistische Aktion werten, sondern als das was sie tatsächlich ist: Klassenkampf.

Wenn man auf den rassistischen Aspekt fokussiert, wird das Thema der Diskussion darauf gelenkt, ob der Tod von Michael Brown – oder der Tod der anderen drei unbewaffneten schwarzen Männer, die von der Polizei in den USA in diesem Monat getötet wurden – in Diskriminierung oder Polizeirechtfertigung begründet ist. Dann werden wir darüber argumentieren, ob es nicht so viel Schwarze-gegen-Weiße Rassismus in den USA gibt wie Weiße-gegen-Schwarze Rassismus. Ja, gibt es. Aber der Weiße-gegen-Schwarze Rassismus wirkt sich im Allgemeinen wirtschaftlich auf die Zukunft der schwarzen Gemeinschaft aus. Der Schwarze-gegen-Weiße Rassismus hat fast keine messbaren soziale Auswirkungen.

Dann werden wir mit der Debatte anfangen, ob die Polizei in den USA selbst eine gefährdete Minorität ist, die wegen ihrer Farbe (blau) diskriminiert wird. Ja, sie sind. Es gibt viele Faktoren zu berücksichtigen, bevor man die Polizei verurteilt; politischer Druck, mangelnde Ausbildung oder geheime Politik. Dann werden wir uns fragen, ob die Schwarzen häufiger erschossen werden, weil sie häufiger Straftaten begehen. In der Tat werden die Schwarzen in großen Städten wie New York laut Studien eher zum Ziel. Es ist schwierig, die Gesamtsituation im Land zu begreifen, da Studien völlig unzureichend sind. Eine Studie des Justizministeriums zeigt, dass es zwischen 2003 und 2009 wenig Unterschied zwischen mit Festnahmen verbundenen Todesfällen von Schwarzen, Weißen oder Latinos in den USA gibt. Diese Studie sagt uns trotzdem nicht, wie viele von ihnen unbewaffnet waren.

Dieses Rassenthema, für welches jeder Faust ballt, lenkt Amerika ab vom größeren Problem, dass die Ziele der Polizei-Überreaktion weniger auf die Hautfarbe als mehr auf ein Leiden schlimmer als Ebola zurückgehen: das arm-sein. Natürlich ist für viele Leute in Amerika farbig zu sein synonym mit arm zu sein und arm zu sein synonym mit zu kriminell sein. Ironischerweise besteht diese falsche Meinung sogar unter den armen Leuten. Und so ist es wie der Status-quo will.

Der US Census Bericht stellt fest, dass es 50 Millionen arme Amerikaner gibt. Fünfzig Millionen Wähler sind ein mächtiger Block, wenn sie jemals ihre gemeinsamen wirtschaftlichen Ziele organisiert verfolgen würden. Daher ist es für das eine Prozent der Reichen wichtig, die Armen gespalten zu halten und sie mit solchen emotionellen Themen wie Migration, Abtreibung und Waffenkontrolle abzulenken, sodass sie nie aufhören, sich zu fragen, wie sie so lang beschissen worden sind.

Eine Methode, diese 50 Millionen gespalten zu halten ist durch Desinformation. Vor kurzem berichtete PunditFact über die Nachrichtennetzwerke, dass bei Fox und Fox News Channel 60 Prozent der Behauptungen falsch sind. Bei NBC und MSNBC wurden 46 Prozent der Behauptungen falsch bezeichnet. Das sind die „Nachrichten“ Leute! Während der Aufstände in Ferguson, zeigte Fox News ein schwarz-weiß Foto von Dr. Martin Luther King, Jr. mit dem fetten Titel: „Martin Luther Kings Nachricht vergessen/Demonstranten in Missouri werden gewalttätig.“ Haben sie so einen Titel übertragen, als beide Bush Präsidenten in den Irak einmarschiert sind: „Jesus‘ Nachricht vergessen/US vergisst die andere Wange hinzuhalten und tötet Tausende“?

Wie können die Zuschauer vernünftige Entscheidungen in einer Demokratie treffen, wenn ihre Informationsquellen beschädigt sind? Sie können nicht, was genau der Grund dafür ist, dass ein Prozent das Schicksal der neunundneunzig restlichen Prozent kontrolliert.

Schlimmer noch, einige Politiker und Unternehmer verschwören sich, um die Armen so zu halten, wie sie sind. In seiner HBO Comedy-Nachrichtensendung „Last Week Tonight“ übertrug John Oliver ein Exposé über die Payday Loan Unternehmen und diejenigen, die so herzlos die Verzweiflung der Armen ausnutzten. Wie kann eine solche Industrie, die 1900% Zinsen erpresst, davon kommen? In Texas blockierte der Regionalabgeordente Gary Elkins ein Gesetz über das Thema, obwohl er selber eine Kette von Payday Loan Geschäften besitzt. Die Abgeordnete Vicky Truitt, die ständig Elkins wegen Interessenskonflikte verurteilte, wurde Lobbyistin der ACE Cash Express – 17 Tage nachdem sie gekündigt hatte. Im Wesentlichen zeigte Oliver, wie die Armen in einen solchen Kredit gelockt werden, nur damit sie ihn nicht zahlen können und damit sie noch ein Kredit sichern müssen. Der Teufelskreis muss gebrochen werden.

Dystopische Bücher und Filme wie „Snowpiercer“, „The Giver“, „Divergent“, „Hunger Games“ und „Elysium“ waren der Renner in den letzten paar Jahren. Nicht nur weil sie die Frustration der Jugendlichen über Autorität ausdrucken. Das würde ihre Beliebtheit bei den jüngeren Zielgruppen erklären, aber nicht bei den 20+ oder noch älteren. Der echte Grund, warum wir uns die Darstellung von Donald Sutherland in „Hunger Games“ ansehen ist, dass der kalte hemmungslose US Präsident, der der Erhaltung der Reichen gewidmet ist, während er die Armen unterdrückt, absolut authentisch in diese Gesellschaft passt, in der ein Prozent reicher wird während die Mittelschicht zusammenbricht.

Das ist keine Übertreibung; die Statistiken beweisen, dass dies wahr ist. Laut einem Bericht von Pew Research Center 2012 haben nur die Hälfte der US-Haushalte mittleres Einkommen, 11% weniger seit den 70er Jahren, das Einkommen der Mittelklasse ist um 5% in den letzten 10 Jahren gesunken, das Gesamtvermögen um 28%. Weniger Leute (nur 23%) denken, dass sie genug Geld haben, um in die Pension zu gehen. Und das Ärgste: noch nie so wenige Amerikaner wie heute glauben den American Dream, dass harte Arbeit ihnen helfen wird, weiterzukommen.

Anstatt uns zu vereinen um den gemeinsamen Feind zu konfrontieren – unfähige Politiker, Gesetzgeber und andere an der Macht – fallen wir in die Falle, uns gegeneinander zu wenden und unsere Energie beim Kampf gegen unsere Freunde statt unsere Feinde zu verschwenden. Das hat nicht nur mit der Rasse und den politischen Parteien sondern auch mit dem Geschlecht zu tun. In ihrem Buch „Unspeakable Things: Sex, Lies and Revolution“ behauptet Laurie Penny, dass die wenigen Karrieremöglichkeiten für junge Männer dazu führen, dass sie sich weniger wertvoll gegenüber Frauen fühlen; daher lenken sie ihren Wut von denen ab, die das Problem verursachen hin zu denjenigen, die auch unter den Folgen leiden: die Frauen.

Ja, ich bin mir bewusst, dass es unfair ist, die Reichen so zu verurteilen. Es gibt schließlich einige superreiche Leute, die ihre Gemeinde unterstützen. Bescheiden trotz ihres Erfolgs helfen sie anderen Leuten. Aber das ist nicht der Fall mit der Mehrzahl der Millionäre und Milliardäre, die Lobbyismus betreiben, um die Lebensmittelmarken zu reduzieren, keine Erleichterung für die Studentenverschuldungen unserer Jugend anbieten oder Erhöhungen des Arbeitslosengeldes verhindern.

Bei solchen Massakern, Todesfällen und Gräueltaten arbeiten die Polizei und das Justizsystem zusammen als Unterstützer dieses ungerechten Systems. Unser Zorn nimmt zu und Aufstände, die Gerechtigkeit fordern, folgen. Die Nachrichtensender interviewen alle und die Experten suchen die Schuldigen.

Was dann?

Ich sage nicht, dass die Proteste in Ferguson nicht gerechtfertigt sind – sie sind es. In der Tat brauchen wir mehr Proteste im ganzen Land. Wo ist das Kent State unserer Zeit? Was brauchen wir, damit 4 Millionen Studenten in friedlichen Protesten mobilisiert werden? Weil das ist es, was eine Veränderung bringen wird. Die Mittelschicht muss sich mit den Armen, den Weißen und mit den Afroamerikanern vereinigen. In Massendemonstrationen, um korrupte Politiker zu stürzen, um ausbeuterische Unternehmen zu boykottieren, um Gesetze zu verlangen, die wirtschaftliche Gleichheit und Chancengleichheit fördern, um diejenigen zu bestrafen, die mit unserer finanziellen Zukunft spielen.

Sonst werden wir bekommen, was wir von Ferguson bekamen: eine Reihe von Politikern und Prominenten, die Sympathie und Empörung zeigen. Wenn wir keine bestimmte Agenda haben – eine Liste von dem, was wir ändern wollen und wie – werden wir uns abermals neben den Leichen unserer ermordeten Kinder, Eltern und Nachbarn sammeln.

Ich hoffe, dass John Steinbeck recht hatte, als er die „Früchte des Zorns“ schrieb, „Repression funktioniert, um die Unterdrückten zu stärken und zu verbinden“. Ich bin aber eher geneigt, „Inner City Blues“ zu zitieren, geschrieben von Marvin Gaye ein Jahr nach den Kent State/Jackson State Erschießungen:

Inflation no chance

To increase finance

Bills pile up sky high

Send that boy off to die

Make me wanna holler

The way they do my life

Make me wanna holler

The way they do my life

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