Vor dem internationalen Hintergrund der wirtschaftlichen Krise des Imperialismus, verschärft sich auch immer weiter die politische Krise des Kapitals. Die Herrschenden verstehen es immer weniger, die Völker unter Kontrolle zu halten, bzw. den Weg, den sie für die weitere Ausbeutung der Massen einschlagen wollen, mehr oder weniger geradlinig durchzusetzen. Es kommt zunehmend zu Kompromissen, überall dort, wo die Imperialisten nicht so weitergehen können, wie sie gerne wollen, und sie tun sich immer schwerer darin, bedeutende Teile der Volksmassen für ihr jeweiliges Programm zu gewinnen. Diese Tendenz bietet für alle konsequent demokratischen und revolutionären Kräfte der Welt ein großes Potenzial um auf ihrem eigenen Weg weiterzukommen, um die Rebellion hochzuhalten und die Rechte des Volkes am Weg der Revolution zu verteidigen. Ein großartiges internationales Beispiel hierfür ist Brasilien, wo die alte Regierung der sozialdemokratischen „Arbeiterpartei“ (PT) in einem Korruptionsfall nach dem anderen versank und sich im Volk vollkommen diskreditierte. Zwar nutzten die USA-Imperialisten die Gunst der Stunde um ihren eigenen Kandidaten ins Regierungsamt zu heben und in Brasilien eine sogenannte „Rechtsregierung“ zu installieren, doch diese kann den Unmut und den Zorn der Massen nicht für sich nutzen, im Gegenteil, auch die neue Regierung sieht sich mit stetig wachsenden Protesten und Rebellionen konfrontiert. In diesen Rebellionen sind es vor allem revolutionär geführte Massenorganisationen, die enorme Fortschritte machen, kleine und große Siege im Kampf gegen die Reaktion erringen und damit helfen, den direkten Kampf um die politische Macht vorzubereiten.
Dass die Herrschenden, die Bourgeoisie, von Kopf bis Fuß in einer politischen Krise stecken, kommt jedoch nicht nur in den großartigen Beispielen der Volkskämpfe (bspw. wie in Brasilien) zum Ausdruck, sondern auf geringerer Stufe auch in Österreich. Gerade im Verlauf der Wahl zum Bundespräsidenten wird das überaus deutlich. Das begann schon damit, dass im ersten Durchgang keine der beiden alten, staatstragenden Parteien ihren Kandidaten in die Stichwahl retten konnte, sondern sich beide mit blamablen 11 Prozent zufrieden geben mussten – und das, obwohl zumindest die SPÖ bis zuletzt fix davon ausging, ihren Kandidaten im Endspurt zu sehen. Warum sonst waren die Plakate und alle anderen Materialien für die Stichwahl wohl schon gedruckt? Festzustellen ist hier, dass beide Kandidaten der Regierungsparteien zusammen(!) nur knapp über 20 Prozent der abgegebenen, gültigen Stimmen auf sich vereinigen konnten. Noch wichtiger erscheint uns aber, dass die Bourgeoisie viel Theater um den ersten Durchgang der Präsidentschaftswahl machte, sechst Kandidaten aufstellte, damit auf jeden Fall „für jeden was dabei ist“ und die Wahlbeteiligung möglichst angekurbelt wird, und dennoch gingen, bei allen Kandidaten, trotz aller Millionen die für Wahlwerbung verschleudert wurden, trotz allem Gerede davon wie „wichtig diese Wahl ist“, nicht mal 70% der Wahlberechtigten zu den Wahlurnen. Es waren also nicht nur die beiden „alten, großen Parteien“ SPÖ und ÖVP die eine schallende Ohrfeige erhielten, sondern die Wahlen selbst sind es, denen offenbar ein scharfer Wind der Ablehnung aus den Massen entgegenschlägt. Dieser Wind ist so scharf, dass es der Bourgeoisie viel Aufwand und massiven Einsatz von Finanzmitteln kostet, überhaupt die Wahlbeteiligung auf über 50% anzukurbeln.
Nun stehen in der Stichwahl der Grüne Alexander van der Bellen und der freiheitliche Norbert Hofer. Beide stehen sich in Arbeiterfeindlichkeit um nichts nach, und so beteuerte auch van der Bellen in ihrer letzten TV-Konfrontation, die „Vorschläge des Rechnungshofes umsetzen zu wollen“. Da kaum jemand weiß, was das überhaupt bedeuten soll (außer, dass es sich nach „saniertem Budget“ anhört), sei hier nur kurz erwähnt, dass in diesen Vorschlägen unter anderem massiver Abbau von Personal im Öffentlichen Dienst, sowie eine deutliche Senkung der Lohnnebenkosten enthalten sind, was tausende weitere Arbeitslose und höhere Belastungen für Arbeiterinnen und Angestellte bedeutet. Dennoch gibt es einen großen Teil der „Linken“, die zur Wahl von van der Bellen aufrufen. Das zeigt vor allem, wie stark diese Teile angeblicher „Linker“ und „Kommunisten“ im System der Bourgeoisie verankert sind. Ein Kandidat kann offen mit weiteren Arbeitslosen, mit höheren Belastungen für die ArbeiterInnen und das Volk drohen, und wird zusätzlich von Figuren wie Claus Raidl, dem ehemaligen Chef der Industriellenvereinigung unterstützt, und dennoch rufen „Linke“ dazu auf, ebendiesen Kandidaten zu wählen, bzw. sehen ihn als „kleineres Übel“. Warum nur? Weil die Herrschenden einen „Lagerwahlkampf“ inszenieren um möglichst viele Menschen zur Wahl zu bringen und damit eine möglichst breite Basis für die Politik der nächsten Jahre zu schaffen. Da die Massen von den „üblichen Kandidaten“ (SPÖVP) dermaßen satt sind, dass sie diese nicht mehr wählen, mussten den Job dieses mal eben Grün und Blau übernehmen. Diese Taktik der „Wahlpolarisierung“ bleibt der Bourgeoisie als letztes politisches Mittel, um größere Teile der Bevölkerung zu den Wahlen zu bringen, und viele „Linke“ fallen darauf herein, bzw. spielen dieses Spiel mit einem lauten Hurra selbst. Die Opportunisten und Revisionisten aller Schattierungen zeigen damit, dass sie Kreaturen des Parlamentarismus sind, dass sie es gelernt haben, nach den Regeln des imperialistischen Betrugs an den Massen zu funktionieren und auch nur noch in diesem Rahmen funktionieren können. Sie entlarven sich damit als eingeschworene Feinde größter Teile der Bevölkerung.
Viele sind erschrocken davon, dass der freiheitliche Kandidat und Burschenschafter Norbert Hofer bei diversen Anlässen (wie z.B. burschenschaftlichen Bällen) mit seinen Bundesfarben Schwarz-Rot-Gold auftritt. Zugegeben, mit den deutschen Farben auf der Brust herumzulaufen ist, dezent ausgedrückt, „etwas ungewöhnlich“ für einen österreichischen Präsidenten. Dennoch wäre es absurd nun davon auszugehen, dass eine „großdeutsche Lösung“, der Anschluss Österreichs an Deutschland, deshalb nun eine Neuauflage erlebt. Kein Zweifel kommt Hofer aus der deutschnationalen Tradition des Faschismus. Aber die österreichische Bourgeoisie ist derzeit für sich stark genug, dass sie keine „großdeutsche Lösung“ braucht. Sie würde damit viel mehr verlieren, als sie gewinnen könnte. Dennoch ist es kein bloßes Gaudium, dass der Herr Hofer die deutschen Farben so offen vor sich her trägt. Er vertritt jenen Teil der Bourgeoisie, der offenbar verstärkt den Schulterschluss mit den deutschen Kameraden sucht, ein stärkeres Bündnis als bisher schaffen will, damit sie gemeinsam, als die Herrschenden zweier imperialistischer Länder, erstens zusammen kräftiger als bisher gegen die Völker vorgehen können (vor allem nach innen und in der Region Osteuropas), sowie zweitens, dass sie sich innerhalb der EU gegen ihre Konkurrenten besser als bisher durchsetzen können. Hofer will eine EU, in der das Bündnis Deutschland/Österreich sehr viel mehr Gewicht hat als heute. Van der Bellen hingegen vertritt demgegenüber nichts prinzipiell anderes, sondern steht für den alten Kurs der österreichischen Bourgeoisie. Er repräsentiert jene, die weniger auf eine deutsch-österreichische EU, sondern viel mehr auf ein „starkes Europa“ insgesamt setzen. Daher auch seine verbissene Verteidigung der EU in ihrer bisherigen Form, daher auch sein bedingungsloses Eintreten für eine EU-Armee, daher auch seine Kritik an der politischen Schwäche der EU insgesamt, die es durch ein erstarktes Europa zu korrigieren gelte. „Am europäischen Wesen soll die Welt genesen!“, ruft van der Bellen quasi… und ein großer Teil der „Linken“ folgt bereitwillig.
Die beiden Kandidaten der Bourgeoisie beweisen, dass die herrschende Klasse in Österreich die EU heute noch braucht um weiter auf dem bisherigen Niveau ausbeuten und unterdrücken zu können, nicht umsonst wurde der Kurs zur EU eine der großen Fragen dieses Wahlkampfes. Sie beweisen auch, dass es in der österreichischen Bourgeoisie große Verwerfungen gibt und ein Streit darüber entbrannt ist, welchen Weg man im imperialistischen EU-Bündnis weiter gehen soll. Doch bei allen Widersprüchen innerhalb der Bourgeoisie, die in diesem Wahlkampf offensichtlich wurden, zeigen die beiden Kandidaten vor allem eins: es ist Feuer am Dach der Bourgeoisie, sie wissen, dass ihre Zeit abgelaufen ist und sich die Widersprüche zu den Unterdrückten in den kommenden Jahren sprunghaft entwickeln werden, deshalb sind sie sich beispielsweise auch einig die Themen wie „Sicherheit“ und „Wirtschaftsstandort“, also Repression und Regelung der Ausbeutung. Für die herrschende Klasse ist es notwendig, dass zwei „Oppositionspolitiker“ diesen Job übernehmen, da die Regierungsparteien schon so viel Vertrauen im Volk verloren haben. Die Bourgeoisie präsentiert ihr letztes Aufgebot. In diesem Zusammenhang steht auch der angebliche „Neustart“ der SPÖ, den diese in Form einer Regierungsumbildung und Kanzlerwechsel vollziehen will. Dass der neue Kanzler Christian Kern in allen bisherigen Reden und öffentlichen Auftritten redete als ob er selbst „Oppositionspolitiker“ wäre, dass er kein gutes Haar an der bisherigen Regierungsarbeit lassen konnte, obwohl diese doch von seiner eigenen Partei geführt wurde, spricht Bände. Repräsentanten der Bourgeoisie locken heute keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervor, wenn sie den bisherigen Weg der Politik loben. Sie können sich nur dann halten und halbwegs als „glaubwürdig“ präsentieren, wenn sie „alles anders“ machen wollen, wenn sie versichern, dass es „nicht so weitergeht“.
Für das Volk wird sich nichts ändern. Ob Faymann oder Kern, ob van der Bellen oder Hofer. Es ist auch nicht die Frage nach einzelnen KandidatInnen im Theater der Wahlen, diesem politischen Betrug an den Massen, welche die Arbeiterklasse und das Volk zu interessieren hat. Die politische Krise der Bourgeoisie bietet für alle fortschrittlichen Kräfte einen hervorragende Ausgangsposition. Nutzen können wir diese guten Voraussetzungen aber erst, wenn wir uns nicht in den Wahlzirkus hineinziehen lassen (wie es etwa auch die Position: „Wählt ungültig, denn es stehen nur bürgerliche Kandidaten zur Wahl!“ vertritt), sondern wenn wir es unter anderem verstehen, die politische Krise der Bourgeoisie zu vertiefen indem wir beispielsweise gegen ihre Wahlen an sich auftreten, und damit gegen eines ihrer wichtigsten Betäubungsinstrumente. Die rebellierenden Massen Brasiliens können uns dafür ein gutes Lehrstück sein. Daher: Beteiligt euch nicht an den Wahlen! Nehmt Teil am aktiven Wahlboykott! Kämpft auf eigene Art, um einen eigenen Weg in den Auseinandersetzungen mit der herrschenden Klasse! Bereitet euch vor für den Kampf um die politische Macht!
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